Wegränder und Feldraine – kostbare Lebensräume in ausgeräumten Feldlandschaften

NABU Hundsangen appelliert an Gemeinden, Landwirte und Straßenmeistereien: Wegränder und Feldraine nicht von März bis September Mähen

In den letzten Jahren wurde immer wieder über das Insektensterben und den Rückgang der Feld- und Wiesenvögel berichtet. So hat sich die Zahl brütender Kiebitze in Deutschland seit den 1990er Jahren auf ein Viertel reduziert und die Anzahl der Rebhühner ist seit den 1970ern auf einen Bruchteil des ursprünglichen Bestandes geschrumpft. Zudem zeigte im Jahr 2017 eine Studie, dass in den letzten 27 Jahren die Biomasse der Fluginsekten in Schutz- gebieten Nordwestdeutschlands um über 75 Prozent zurück gegangen ist.

Auch in Hundsangen gibt es besorgniserregende Beobachtungen: Im Jahr 1990 brütete das letzte Paar Kiebitze zwischen Hundsangen, Malmeneich und Obererbach. Schon lange ist die Art im kompletten Westerwald und darüber hinaus ausgestorben! So erging es auch dem Rebhuhn, welches schon lange Jahre Hundsangen den Rücken gekehrt hat. Einst häufige Brutvogelarten wie die Rauchschwalbe haben schon seit über 10 Jahren den kompletten bebauten Ortsbereich (einst jährlich durchschnittlich 30 Brutpaare!) geräumt. Heute kommen sie in Hundsangen nur noch mit Einzelbruten in den Aussiedlerhöfen vor. Auch der wunderschöne Gartenrotschwanz starb in den 1990ger Jahren in Hundsangen aus. Heute kommt gerade mal ein Brutpaar dieser Art noch in der Verbandsge-meinde Wallmerod vor! Als ob dies nicht schon genug verschwundene Arten seien, kam tatsächlich dieses Jahr (2024!) eine weitere hinzu. Erstmals konnte kein einziges Brutpaar des Feldsperlings in Hundsangen mehr nachgewiesen werden! Auch diese, wieder eine Art der naturnahen Feldflur mit vielen Strukturelementen, Brachflächen, Hecken, Obstwiesen, Wegränder und Feldrainen, sowie ökologisch bearbeitete Acker- und Wiesenflächen. Auch ihn werden wir schmerzlich vermissen!

Aus diesem Grund werden auch Wegränder und Feldraine immer wichtiger, zumal vielerorts Hecken, Baumreihen, Brachen (nach neusten Erkenntnissen der Uni Koblenz beherbergen zeitlich begrenzte Dauerbrachen die höchste Dichte an Insekten) und Blühwiesen komplett verschwunden sind. Werden diese Ränder erst später, also in der Zeit zwischen Oktober und Februar gemäht, dann bieten sie vielen Wildblumen, blütenbesuchenden Insektenarten, verschiedenen Vogelarten und dem Niederwild, wie bspw. dem Feldhasen, ein bedeutsames Nahrungshabitat und Rückzugsraum. Besonders günstig wirkt es sich aus, wenn die Flächen erst im folgenden Frühjahr durch eine Mahd gepflegt werden. Denn viele Insekten überwintern in den abgestorbenen Pflanzenstängeln. Außerdem können stehen gelassene Wegränder und Feldraine auch der Vernetzung noch existierender größerer blütenreicher Flächen dienen. Gerade wenn die Landschaft nach der Ernte weitestgehend ausgeräumt ist, bieten blühende oder auch verblühte Wegränder eine letzte Struktur und Deckung im Feld. Zum anderen sparen Gemeinden, Straßen-meistereien und Landwirte dabei finanzielle Mittel und schonen das Klima. Wichtig dabei ist, die Flächen zu mähen statt zu mulchen, denn beim Mulchen werden die Insekten und Kleintiere geschreddert und haben fast keine Überlebenschance. Auch der umherliegende Müll wird in Kleinteile zerlegt und kann nicht mehr entsorgt werden. In unserer Region haben sich schon einige Ortschaften und landwirtschaftliche Betriebe aus diesen Gründen dazu entschieden, die Wegränder in der Zeit zwischen März und September nicht mehr zu bearbeiten.

 

- Die Natur wird es Ihnen danken! -

 

Bleibt zu hoffen, dass viele weitere Gemeinden, Landwirte und Straßenmeistereien diesen guten Beispielen folgen und wir es schaffen, auch im Kampf gegen den Klimawandel, wieder eine gestärkte Natur mit hoher Biodiversität zu etablieren.

Foto: Marcel Weidenfeller
Foto: Marcel Weidenfeller

Aktionstage Biologische Vielfalt 20.-30.05.!Gegen die Naturkrise

Weil Natur Zuhause ist. Vielfalt schützen. Naturkrise stoppen.

Auch wir vom NABU Rheinland-Pfalz leben Vielfalt – und das auf unterschiedliche Art und Weise. Foto: NABU/Constantin Sittmann
Auch wir vom NABU Rheinland-Pfalz leben Vielfalt – und das auf unterschiedliche Art und Weise. Foto: NABU/Constantin Sittmann

Die Vielfalt der Natur ist bedroht: Nur noch etwa ein Viertel der für Deutschland typischen Biotope gilt als ungefährdet. In nur 50 Jahren sind die weltweiten Bestände an Säugetieren, Vögeln, Reptilien und Amphibien um fast 70 Prozent geschrumpft. Die Vielfalt der Lebensräume, der Arten, und ihre genetischen Variationen verschwinden aktuell so schnell, dass es als das sechste Massenaussterben auf unserem Planeten bezeichnet wird – verursacht durch den Menschen.


Rückblick auf die Jahreshauptversammlung der NABU-Gruppe Hundsangen

Bildnachweis.- Foto | Luca Rausch: NABU-Gruppe Hundsangen ehrt langjährige Mitglieder: Von links nach rechts Marcel Weidenfeller, Martin Loos, Monika Arnold, Jochen Hannappel, Dagmar Zitzmann und Barbara Rausch.
Bildnachweis.- Foto | Luca Rausch: NABU-Gruppe Hundsangen ehrt langjährige Mitglieder: Von links nach rechts Marcel Weidenfeller, Martin Loos, Monika Arnold, Jochen Hannappel, Dagmar Zitzmann und Barbara Rausch.

Die Jahreshauptversammlung des Naturschutzbundes Deutschland NABU-Gruppe Hundsangen fand am 1. März 2024 in der Lohbachstube der Ollmersch-Halle in Hundsangen statt. Zunächst wurde der Kiebitz als Vogel des Jahres 2024 von unserem Mitglied Leander Hoffmann (Obererbach) vorgestellt. Der Vogel des Jahres 2024 wurde wieder von der Bevölkerung online gewählt.


NABU-Gruppe Hundsangen legt erste Wildobstwiese an

Hundsangen, 23.03.2024 – Die NABU-Gruppe Hundsangen setzt ein wegweisendes Zeichen für den Naturschutz: Mit der Anlage ihrer ersten Wildobstwiese engagiert sie sich aktiv für den Erhalt der Biodiversität und schafft einen wichtigen Lebensraum für bedrohte Tier- und Pflanzenarten.

 

Zwar gelten Streuobstwiesen als wertvolle "Hot spots" der Biodiversität und beherbergen eine beeindruckende Vielfalt von über 5000 Tier- und Pflanzenarten sowie mehr als 3000 Obstsorten, darunter viele gefährdete Arten. Doch diese Kulturlandschaften sind nur durch die Pflege des Menschen zu erhalten. Bereits vor über 2000 Jahren, von 1000 v. Chr. bis 200 n. Chr., nutzten Kelten und Germanen europäische Wildobstarten wie den Holzapfel (Malus sylvestris) und die Wildbirne (Pyrus pyraster) zum Dörren und Verzehr.

 

Die Idee der Wildobstwiese als Alternative zu Streuobstwiesen die zur Produktion von großen Obsterträgen (besonders veredelten Apel- und Birnensorten) durch regelmäßigen Obstbaum-schnitt gedacht sind entstand aus der Notwendigkeit heraus, die Biodiversität zu fördern und gleichzeitig den Erhalt von Streuobstwiesen mit geringem Aufwand zu gewährleisten. Ein Mitglied der NABU-Gruppe stellte seine Fläche zur Verfügung, auf der eine Vielzahl von Wildobstbäumen nach fachkundiger Planung gepflanzt wurde.

 

Die Auswahl der Sorten erfolgte mit Bedacht, um eine möglichst hohe Vielfalt zu gewährleisten. Unter anderem wurden Gewöhnliche Traubenkirsche (Prunus padus), Wildapfel (Malus sylvestris), Echte Mispel (Mespilus germanica), Speierling (Sorbus domestica), Echte Mehlbeere (Sorbus aria) > Baum des Jahres 2024!, Elsbeere (Sorbus torminalis), Kornelkirsche (Cornus mas), Walnuss (Juglans regia), Wildbirne (Pyrus pyraster), Esskastanie (Castanea sativa), Vogelkirsche (Prunus avium) und Eberesche (Sorbus aucuparia) gepflanzt.

 

Die Wildobstwiese der NABU-Gruppe Hundsangen ist nicht nur ein wertvoller Beitrag zum Naturschutz, sondern auch eine Bereicherung für die lokale Artenvielfalt.

Foto: Das Pflanzteam im NABU Wildobstwiesenprojekt_Michael Metternich
Foto: Das Pflanzteam im NABU Wildobstwiesenprojekt_Michael Metternich